Mannheim

30.07.1995
The End!

Nach 35 Tagen, knapp 2.000 Kilometern im Sattel und ohne größere Blessuren bin ich wieder in Deutschland angekommen. Ab übermorgen beginnt mein "richtiges" Berufsleben.
Was bleibt von dem Erlebnis? Viel.... sehr viel !!!! Ich habe es nie bereut gemacht zu haben.

Nachtrag (13.07.2015):
Selbst jetzt, genau 20 Jahren nach der Tour, denke ich noch oft an Erlebnisse, Orte und Menschen zurück.  

Detroit Flughafen

28.07.1995 18.00 Uhr

Ich habe gestern keinen Eintrag in mein Tagebuch gemacht. Es war einfach nicht möglich. Und auch jetzt fällt es mir schwer, diese letzten paar Worte meines USA-Trips aufzuschreiben.

Ich habe gestern einen wunderschönen letzten Tag in Stanford gehabt, schöner hätte ich mir einen Abschiedstag nicht vorstellen können. Nachdem Robin und Art gegen 7.30 Uhr das Haus verließen, habe ich geduscht und Kaffee gemacht. Außerdem redete ich ein bisschen mit Willy dem Vogel.

Dann fuhr ich mit dem Rad in Richtung Stanford University. Mitten durch riesige Grundstücke mit tollen Gärten und Häusern. Nachdem ich mich dann mal kurz verfahren hatte und es ganz allmählich auch immer wärmer wurde, kam ich dann endlich am riesigen Gebäude der Stanford University an. Ich rief dann kurz zuhause an und gratulierte Hartmut zum Geburtstag. Dann ging ich zu Robin und sie gab mir ein paar Tipps, wo ich hinzugehen hätte. Ich war auf dem Hoover Tower und in der Kirche. Es war so, wie man sich eine amerikanische Uni vorstellt.

Gegen 12 Uhr war ich zurück bei Robin, denn sie hatte sich den Mittag frei genommen. Wir fuhren zu einem alten Landsitz (Filoli) in der Nähe. Die Gärten waren fantastisch und wir hatten eine nette, ganz schöne heiße, Führung einer 75 jährigen. Danach gingen wir zu einem Weinhändler, ein paar Flaschen Wein für mich als Mitbringsel und für den Abend kaufen. Danach noch kurz in einem Supermarkt.

Zuhause packe ich mein Rad mehr schlecht wie recht in den Karton. Nachdem ich noch ein paar andere Sachen (Schlafsack und Zelt) in der Box verstaute, war es dann auch schon 19 Uhr. Art kam von der Arbeit und wir saßen im Garten und aßen Nudeln mit feiner Gemüsesauce. Danach schauten wir ihre Bilder von der Radtour in Oregon an. Sie gaben mir ein paar davon mit, auf denen ich und auch all die anderen zu sehen sind. Dummerweise habe ich sie in Menlo Park liegen gelassen.

Danach gingen wir in den Whirlpool im Garten und unterhielten uns noch ein bisschen. Im Bett dann war es mir richtig feucht um die Augen, denn ich wollte und ich will auch jetzt eigentlich nicht zurück. Ich will irgendwie versuchen hierher zurück zu kommen, möglichst bald.

Heute Morgen dann waren wir zu früh am Flughafen und am falschen Check-In-Schalter. Schließlich war es bis Detroit nur ein Inlandsflug und da reichte es eine Stunde vorher da zu sein. Robin und Art blieben noch ein bisschen, mussten dann aber gehen, da Art zur Arbeit musste. Es war eine kurze und traurige Verabschiedung. Ich bin kein Meister im Abschiednehmen. Im Flieger dann die erste Überraschung, ich hatte einen guten Fensterplatz und konnte ein paar Fotos machen (Lake Tahoe usw.).

Und jetzt warte ich bis sie uns an Bord der DC 10 lassen. Ich weiß nicht ob ich jetzt schon ein Fazit ziehen soll oder ob ich meine innere Aufgewühltheit (auch hervorgerufen durch das Zu-Ende-Lesens des Romans von Irving) erst einmal abklingen lassen soll. Robin fragte mich heute Morgen, was ich von den 5 Wochen am ehesten in Erinnerung behielte. Eigentlich alles! Sicherlich die Landschaft (Beaches, Redwoods, San Francisco), aber auch die Menschen, vor allem Robin und Art. Wäre ich nicht hoch zu Column in Astoria gefahren, hätte ich Linda und Dave nie getroffen und damit auch die Radfahrer mit Robin und Art. Ich hatte wirklich oftmals das Glück zur richtigen Zeit das Richtige getan zu haben (z.B. Rainforest, Astoria, Benbow Lake, Seattle).

Ich kann eigentlich glücklich sein. Ich bin es auch, aber eben auch traurig weil es zurückgeht.


Menlo Park

26.07.1995 23.00 Uhr

Na, wo bin ich denn jetzt noch hingeraten? Aber zunächst einmal mache ich bei heute Morgen weiter:

Ich bin also Richtung Brücke gefahren (unten am Wasser entlang). Plötzlich fiel mir ein, dass ich ja eigentlich mein Sweat-Shirt über die Brücke schmeißen wollte. Und was könnte mir dabei Besseres passieren als Nebel? Ich also nochmal zurück gefahren, mein Sweat-Shirt geholt und oben am Sausalito-Pfeiler durch die Stäbe des Brückengeländers gleiten lassen.  und? Es blieb an einer Stange hängen und hing auch noch, als ich eine Stunde später zurückfuhr. Vielleicht hat sie ja mittlerweile der Wind davon geweht.

Habe heute nochmal 2 GAP-Jeans gekauft. Danach habe ich mich vor die Jugendherberge gelegt und Walkman gehört. Dann kamen Robin und Art und machten mir den Vorschlag mit nach Menlo Park zu kommen, den morgigen Tag hier und in Stanford zu verbringen und dann fahren sie mich Freitagfrüh zum Flughafen. Ich habe zwar kurz gezögert, aber dann nahm ich an.

Ich habe also in Windeseile ausgecheckt, habe mein Geld natürlich nicht zurückbekommen, dafür einem Unbekannten einen Schlafplatz freigemacht, denn die Herberge war eigentlich ausgebucht. Wir luden alles in den Van und dann ging es zur Lombard Street. Wir konnten sie allerdings nur zu Fuß unterlaufen. Danach waren wir auf dem Coit Tower (herrlicher Rundumblick). Danach Fisherman's Wharf (Clam Chowder) und Ghirardelli´s (Schokolade). Dann fuhren wir hierher (ca. 40 Minuten). Alles sehr, sehr nett. Die Beiden sind so gastfreundlich, das gibt's nicht.

So jetzt bin ich müde und morgen fahre ich mit dem Rad zu Robin in der Stanford University.


San Francisco - Marina District

26.07.1995 9.00 Uhr

Ich sitze wie gestern auch im italienischen Café, einen Riesenpott Latte und ein Almond Croissant vor mir. Allerdings sitze ich heute draußen, das Wetter heute Morgen schon sehr gut ist. Ich glaube aber gesehen zu haben, dass die Golden Gate Brücke  etwas im Nebel hängt.

Heute Nacht gut aber kurz geschlafen. Ab 7 Uhr war etwas Hektik und Unruhe im Raum. So langsam fange ich an, an das Ende meines Urlaubes zu denken. Wenn ich auch bisher immer etwas gegen Amerika hatte, so hat der Urlaub mir gezeigt, dass es einige wenige Stellen gibt, wo ich es aushalten könnte. Und dies ist für mich ein untrügerisches Zeichen dafür, dass es mir gefällt. Sicherlich ist Urlaub und das Real Life nicht das gleiche. Aber ich nutze in Mannheim auch nicht alle sich mir bietenden Möglichkeiten und trotzdem gefällt es mir dort.

Zu diesen Orten zählt auf jeden Fall Victoria BC. Und natürlich hier die Stadt, die von allem etwas hat, San Francisco. Zwischendurch gab es zwar auch nette Plätzchen und Winkel, aber im Moment und für die nächsten Jahre brauche ich das Leben einer Großstadt, zumindest in meiner Nähe. Naja jetzt werde ich dann erstmal ein paar stressige Tage zurück in Deutschland erleben.

So. Jetzt mache ich mich auf den Weg, nochmals über die Brücke zu fahren.


San Francisco - Fort Mason

25.07.1995 22.00 Uhr

“Cable Car” ohne Ende. Ich bin heute wieder ziemlich oft gefahren. Außerdem war ich im Cable Car-Museum, dem Herzstück der ganzen Anlage.

Heute Nacht war mal wieder ein Schnarcher unter uns. Habe mal wieder meine Ohrstöpsel gebraucht. Heute Morgen dann wollte ich mit dem Rad los, was ich auch tat. In Anbetracht des feuchten Nebels kam ich jedoch nur bis zu einem phantastischen italienischen Café mit klassischer Musik.

Zurück in der Jugendherberge zog ich mich wieder um und ging „normal“ los. Wie gesagt Cable Car. Mittags war ich im McDonald's im Bankenviertel. Fast nur hübsche elegante Frauen und „Schlipsträger“. Ich kann mir vor wie im Film „Das Geheimnis seines Erfolges“. Danach habe ich noch ein paar CDs gekauft. Gegen Mittag verschwand auch der Nebel.

Ich fuhr nochmals zur Giradelli Square und aß wieder ein Käse-Baguette. Dann ging ich zur Jugendherberge, packte mein Rad und fuhr in Richtung Golden Gate Brücke und -Park. Am Beach von San Francisco sah ich dann ein Paar, dass es sich in aller Öffentlichkeit „gutgehen“ ließ. Sie saß auf ihm und vergaß anscheinend, dass sie direkt unterhalb einer Promenade waren. Im Golden Gate Park erinnerte alles ein wenig an „Hair“ und die Flower Power Bewegung. Man sah zwar nicht mehr viel, aber man spürte den Hauch vergangener Tage. Es waren hunderte von Radfahrern, Skatern und Jogger unterwegs. Man hat hier in Amerika wirklich das Gefühl, dass es zwei Klassen in der Gesellschaft gibt. Sportlich – vital - erfolgreich oder dick - unzufrieden - unglücklich.

In meinem Zimmer traf ich dann ein paar Deutsche, mit denen ich ins Gespräch kam. Zuvor fand ich allerdings einen Zettel an meiner Tür, dass Robin angerufen hatte und um Verlegung des Termins bittet. Ich rief sie an und wir verschoben unser Treffen schon auf morgen Abend. Das mit dem Airport werden wir auch noch geregelt bekommen. Ich darf nicht zu aufdringlich sein. Irgendwie werde ich schon hinkommen. Michael und Lindsey haben mir auch schon angeboten, mich an den Airport am Freitagmorgen mitzunehmen.

Nach dem Essen ging ich auf ein Peer, um die Golden Gate Bridge zu fotografieren (fast im Dunkeln). Dann rauchte ich meine Pfeife und trank zwei Dosen Bud. Und jetzt gehe ich ins Bett. Morgen früh möchte ich nochmals über die Brücke nach Sausalito fahren und einen Kaffee bei „meinem“ Bäcker trinken. Mittags werde ich dann wahrscheinlich mein Rad auseinandernehmen.


San Francisco - Fort Mason

24.07.1995 21.30 Uhr

So! Da bin ich also! Und was kommt jetzt? Die Worte aufzuschreiben fällt schwer. Ich will es allerdings gar nicht zu einer inneren Leere kommen lassen.

Die heutige Nacht ist am besten damit zu beschreiben, dass ich meine Ohrstöpsel brauchte. Außerdem war der Riesenraum auch mit Mädchen belegt, und das in einer Jugendherberge! Heute Morgen habe ich noch ein bisschen mit Jörg, dem BWL Studenten aus Fulda, gesprochen.

Gegen 10 Uhr bin ich losgefahren. Es war zunächst ein bisschen bewölkt. Als ich aber dann auf die Brücke gefahren bin kam die Sonne raus. Das Gefühl war fantastisch, nur zu vergleichen mit einem „anderen“ Gefühl. Ich bin ganz langsam drüber gefahren und habe jeden Meter ausgekostet.

Danach wollte ich ja eigentlich die Lombard Street runterfahren, aber Jörg sagte mir, dass sie gesperrt sei, da sie dort bauen und graben. Dann bin ich halt direkt zur Jugendherberge gefahren. Am Ende der Golden Gate Brücke habe ich noch zwei Radfahrer getroffen, die auch aus Seattle kamen. Das Mädchen jedoch war „crazy“. Sie war erst den 13. Tag unterwegs. Pro Tag 100 bis 120 Meilen. Wahnsinn.

Hier am Fort Mason war ich gegen 13 Uhr. Allerdings machte der Check-In Mittagspause bis 14 Uhr. Ich setzte mich draußen zu Lindsay und den US Kids, die ich in Washington vor 3 Wochen traf. Wir redeten über unsere Erfahrungen und Erlebnisse auf der Tour und über Umwege kam ich zu einer Fahrradbox für Donnerstagabend. Ich hoffe, es nimmt sie bis dahin niemand weg.

Nach dem Check-In tigerte ich in die City, fuhr mit der Cable Car und deckte mich mit ein paar CDs ein. Dann lief ich wieder kreuz und quer bei super Wetter. Ich kam zum Jeans-Laden und deckte mich dort für 150 $ ein. Die „501“ war am billigsten, das Hemd und das Sweat-Shirt waren bei weitem teurer.

Anschließend fuhr ich wieder Cable Car zum Fisherman's Wharf. Da ich so voll beladen war, verstaute ich meine Sonnenbrille in der Hosentasche. Und bei dem Wind und der ruckartigen Fahrweise machte es schwupp und sie lag auf der Straße und die Cable Car fuhr weiter. Aber was macht der supertolle Taxifahrer aus San Francisco? Er bremste, stieg aus, hob die Brille auf und fuhr 2 Blocks weiter nebenher, bis er sie mir während der Fahrt hochreichen konnte!

Am Fisherman's Wharf machte ich einige Fotos und kauft mir eine dünne Baumwollhose. Die alte warf ich weg. Hier angekommen habe ich erstmal geduscht, dann etwas gegessen und anschließend Robin und Art angerufen. Sie kommen schon gegen 17.30 Uhr am Donnerstag. Außerdem habe ich meinen Flug rückbestätigt! Und jetzt bin ich müde. Morgen will ich, so es das Wetter zulässt, zum Golden Gate Park und auf Twin Peaks.